“Euro-Krise ist eine Staatsschulden-Krise”

Presse

Dr. Dieter Winkelmann mit Hans Seidl und 3.Bürgermeister Georg Wild

“Die Euro-Krise ist eigentlich eine Staatsschulden-Krise”. Mit dieser Kernaussage beschrieb Dr. Dieter Winkelmann, ehemaliger Leiter der Sparkassenakademie Bayern, diese nach seiner Einschätzung noch lange bestehen bleibende Krise. Denn auch Deutschland, mit einer Staatsverschuldung von 82 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts, hat sich nicht mustergültig verhalten und selbst in den guten Jahren 2010 und 2011 kein Geld zurückgelegt, sondern sogar neue Staatsschulden angehäuft.

Bei der Versammlung am Mittwoch den 1. Februar im “Frauenbauer”-Saal stellte SPD-Ortsvorsitzender Hans Seidl zunächst vor einem an Währungsfragen recht interessierten Publikum fest, dass die Euro-Krise die Mitbürger erheblich verunsichere. Deshalb wolle der SPD-Ortsverein, der mit Dr. Dieter Winkelmann einen fundierten Fachmann zu dem Thema “Wie geht es weiter mit dem Euro?” gewinnen konnte, auch zur Information der Mitbürger beitragen.
“Misstrauen sie allen, die behaupten, zu wissen, wie es mit dem Euro weiter geht”. Mit dieser Aussage eröffnete Dr. Dieter Winkelmann seinen Vortrag. Dabei skizzierte er in seinem weit über einstündigen Referat zunächst die Entstehung der gemeinsamen Währung. Die Wurzeln des “Euros” reichen demnach bis zum Jahr 1992 zurück, als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und sein Finanzminister Theo Waigel im Zuge der Maastricht-Verträge den europäischen Integrationsprozess auch mit einer Gemeinschaftswährung vorantreiben und damit Europa mit vielen Kleinwährungen auf der wirtschaftlichen “Weltbühne” sichern wollten.
Die neue Gemeinschaftswährung “Euro” wurde 1999 im Zahlungsverkehr, als Bargeld 2002 eingeführt, erinnerte Winkelmann. Für diese neue Gemeinschaftswährung seien drei Kriterien vorgegeben gewesen: Preisstabilität, hoher Außenwert und der Integrationswert. Nach der Auflistung des Referenten habe der Euro bisher eine größere Preisstabilität als Deutsche Mark und Dollar gewährleistet. “Es ist nicht so, dass - wie es viele Bürger empfinden - aus dem Euro ein Teuro geworden ist. In Bereichen mit ungerecht erhöhten Preisen habe es der Kunde oder Gast selbst in der Hand, diese Teuerung nicht zu akzeptieren”.
Auch der Außenwert des “Euros” hat sich positiv entwickelt, betonte Winkelmann, obwohl die Exportindustrie an einem niedrigen Euro-Wechselkurs interessiert wäre. Dagegen sind, wie der Referent unterstrich, die Euro-Länder mit dem “Integrationswert” dieser Währung nicht zurecht gekommen. Seit dem Bestehen der Gemeinschaftswährung haben die meisten Euro-Staaten, darunter auch Deutschland, ihre Schulden deutlich erhöht und damit diese Gemeinschaftswährung gefährdet.
Gerade die deutsche Industrie, die den neuen Binnenmarkt gut genutzt hat, hat ihre Ausfuhren enorm steigern können, rechnete der Referent vor. Die “Agenda 2010” und eine damit verbundene Lohnrückhaltung haben Deutschland einen spürbaren Wettbewerbsvorteil verschafft, erklärte Winkelmann. Er sieht aber deshalb Deutschland nicht als Profiteur dieser Gemeinschaftswährung. Vielmehr habe Deutschland auch einen gewaltigen Kapitalabfluss in den Jahren 2002 bis 2004 erlebt.
Statt der erwünschten einheitlichen Entwicklung registrierten die Euro-Länder, wie Winkelmann feststellte, ein Auseinanderdriften der Volkswirtschaften. Als erstes Land hat Deutschland, wegen der Kapitalabflüsse, die Maastricht-Kriterien gebrochen. Dabei war und ist, wie der Referent erläuterte, auch die von der Jahreswirtschaftsleistung abhängige “Drei-Prozent-Obergrenze” für die jährliche Nettoneuverschuldung sowieso schon zu hoch angesetzt. Auch deutsche Regierungen haben sich bedauerlicherweise nicht mustergültig verhalten. Die Staaten mit der Gemeinschaftswährung sind daher jetzt mit acht Billionen Euro verschuldet.
Durch die Staatsschulden-Krise sieht Dr. Dieter Winkelmann die europäische Gemeinschaftswährung in einer recht schwierigen Lage. Die Europäische Notenbank (EZB) kauft Staatsanleihen und druckt neues Geld, das nicht sein dürfte. Auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nicht immer geschickt agiert. “Die Verkündung des Stabilitätspakts wird daran nicht viel ändern, sondern sollte eher als ein Signal zur Beruhigung der Finanzmärkte verstanden werden“.
Nicht die Frage nach der Zukunft der Gemeinschaftswährung, sondern der Euro-Staaten muss gestellt werden, folgerte Dr. Dieter Winkelmann. Nachdem Unsummen von neuem Geld gedruckt werden, wird der Sparer diese Staatsschulden-Krise “ausbaden“. Das heißt, das Geldvermögen erleidet einen Wertverlust, weil die Zinsen mit der Notenpresse niedrig gehalten werden. Auch Deutschland habe, so die Meinung des Referenten, schon zu viele Risiken aus der Gemeinschaftswährung auf sich genommen. Statt dessen wäre es besser, Griechenland würde den Staatsbankrott erklären und am Ende verbliebe eine “Kern-Euro-Zone”. Die derzeitige Krise um den Euro gibt zu Pessimismus Anlass, könnte aber auch eine Chance für den “Aufbruch zu neuen Ufern” sein, resümierte Dr. Dieter Winkelmann.
Nach einer lebhaften Diskussion erklärte 3.Bürgermeister Georg Wild, die große Politik müsse alles tun, um das Vertrauen in die Gemeinschafts-währung wieder herzustellen. Die Sorgen der Bürger um den Euro müssen ernst genommen werden.

 
 

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