SPD-Parteitag wählte neuen Vorstand und sprach sich für die Überwindung des Hartz-IV-System aus
Ergolding. Die Sozialdemokraten in Stadt und Landkreis Landshut haben einen neuen Vorsitzenden. Auf dem SPD-Parteitag am vergangenen Donnerstag in der Ergoldinger Kraxn kürten die Delegierten den 22-jährigen Politikstudenten Vincent Hogenkamp aus Landshut beinahe einstimmig zu ihrem neuem Vorsitzenden. Hogenkamp folgt damit auf Harald Unfried, der künftig als Stellvertreter agiert. Hogenkamp sprach sich im Rahmen seiner Vorstellungsrede für eine umfassende und gründliche Erneuerung der SPD in inhaltlicher und personeller Hinsicht aus. Er werde energisch dafür arbeiten, dass die Sozialdemokratie bald wieder zu neuen Kräften komme. Denn es gelte gerade in Zeiten der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich, eine wirkungsvolle Arbeits- und Sozialpolitik für mehr soziale Balance zu verwirklichen. Das sei die Aufgabe der Sozialdemokratie. Mit Blick auf aktuelle Gesetzesänderungen verwies er etwa darauf, dass es der SPD zu verdanken sei, dass seit Jahresbeginn die Krankenversicherung wieder voll paritätisch finanziert werde. Dies entlaste die Arbeitnehmerschaft jährlich um Milliardenbeträge. Doch könne dies nur der erste Schritt sein auf dem Weg zu einer solidarischen Bürgerversicherung im Gesundheitswesen und einer Eindämmung der Pharmalobby, die Schluss mache mit der Zwei-Klassen-Medizin.
Die Landtagsabgeordnete Ruth Müller sagte, die Wahl eines jungen und talentierten Vorsitzenden sei ein sehr starkes Signal für den Mut zur Erneuerung der SPD. In einem engagierten Beitrag forderte sie die Delegierten und Ehrenamtlichen auf, den neugewählten Vorsitzenden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Nur gemeinsam könne man erfolgreich sein. Als ersten Lakmustest sprach sie die bevorstehenden Europawahlen an, wo man gemeinsam für ein gutes Ergebnis des SPD-Europakandidaten Maximilian Dittmer und für ein soziales Europa arbeiten werde. Vincent Hogenkamp sagte hierzu, dass er sich gerade als junger Mensch mit Leidenschaft für ein offenes und vielfältiges Europa einsetzen werde, dass dem Gift des Nationalismus widerstehe. Gerade für ein Exportland wie Deutschland seien Binnenmarkt und EURO unverzichtbare Garanten für den wirtschaftlichen Erfolg und die Berufsaussichten gerade auch junger Menschen.
Im Rahmen der Antragsberatung verabschiedete der Parteitag einstimmig einen von Harald Unfried begründeten Antrag zur Überwindung des Hartz-IV-Systems durch eine Generalreform. Das zentrale Gerechtigkeitsdefizit bestehe darin, dass selbst Beschäftigte, die jahrzehntelang gearbeitet und Beiträge gezahlt hätten, nach einem Jahr in das Hartz-IV-System abstürzen könnten. Zudem befänden sich 2 Millionen Kinder in einem System, dass ihnen Chancengleichheit faktisch verwehre. Vorrangig müsse mit einer Anhebung des Mindestlohnes auf mindestens 12,50 Euro dafür gesorgt werden, dass möglichst wenig Menschen überhaupt eine Grundsicherung beantragen müssten. Der Parteitag sprach sich dafür aus, bei der Leiharbeit den gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit von Anfang an zu zahlen und nicht erst nach 9 Monaten. Zudem müsse wieder mehr Leistungsgerechtigkeit verwirklicht werden. Für jahrzehntelange Beitragszahler müsse die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlängert werden. Das Schonvermögen sei mindestens zu verdoppeln, um das Vorsorgesparen zu honorieren.
In einem weiteren von Christine Erbinger begründeten Antrag sprach sich der Parteitag für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer aus, wobei hohe Freibeträge im Millionenbereich vorzusehen seien. Erbinger verwies dabei auf einschlägige Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass selbst bei sehr hohen Freibeträgen und einer nur 1-prozentigen Vermögenssteuer wegen der hohen Vermögenskonzentration nennenswerte Mehreinnahmen im Milliardenbereich erzielt werden könnten. Diese könnten etwa wirkungsvoll für mehr Bildungsgerechtigkeit oder Infrastrukturinvestitionen eingesetzt werden. In einem weiteren Beschluss sprach sich der Parteitag dafür aus, das BAföG künftig als Vollzuschuss zu gewähren. In diesem Zuge sei die Meisterausbildung gleichzustellen und somit auch das sogenannte Meister-BAföG als Vollzuschuss zu zahlen. Herbert Lohmeyer begründete dies damit, dass die SPD die Meisterausbildung der akademischen Bildung gleichstellen wolle.
In den folgenden Neuwahlen wurden MdL Ruth Müller und die Stadträtin Anja König in ihren Ämtern als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Als Kassier fungiert weiterhin Herbert Lohmeyer aus Tiefenbach. Die Schriftführung bleibt in den bewährten Händen von Peter Schmid aus Ergoldsbach. Die SPD-Senioren werden künftig von Gerhard Wick aus Landshut im Vorstand vertreten. Für die Jusos würde Fabian Dobmaier neu in den Vorstand gewählt.
In seinem Schlusswort bedankte sich Vincent Hogenkamp bei der Geschäftsführerin Theresa Bergwinkl aus Vilsbiburg für die professionelle Vorbereitung und Durchführung des Parteitages. Er appellierte an die Delegierten, die unverdrossen für die Erneuerung der SPD zu kämpfen. Die großen Gerechtigkeitsreformen müssten mit langem Atem, glaubwürdigem Personal und im Zweifel auch gegen den Widerstand mächtiger Lobbyverbände durchgefochten werden, so Hogenkamp abschließend.
Gesamte Vorstandschaft SPD Unterbezirk Landshut:
Vorsitzender: Vincent Hogenkamp, Stellvertreter: Ruth Müller, MdL, Anja König, Harald Unfried
Schriftführer: Peter Schmid; Kassier: Herbert Lohmeyer
Orga-Leiter: Stefan Werner und Hans Seidl
Beisitzer*innen: Alexander Bodo, Sibylle Entwistle, Rolf Haucke, Martina Hesse-Hujber, Lennart Hogenkamp, Walter Müller, Kim Seibert, Alexander Tratzky, Marco Wachs, Christine Erbinger, Martin Hobmeier, Michael Knau, Horst Kubatschka, Ute Kubatschka, Wolfgang Mürdter, Ugur Sahin, Christina Schindler, Patricia Steinberger
Juso-Vertreter: Fabian Dobmeier
60plus-Vertreter: Gerhard Wick
Revisoren: Robert Gewies, Kerstin Schanzer